Lastspitzenreduktion

Motivation

Abb. 1 Lastspitzenvermeidung (peak shaving) durch Verschieben der Energie in Zeitpunkte geringerer Gesamtleistung.

Elektrische Lastprofile werden typischerweise unterteilt in die Grundlast (Mindestleistungsbezug zu allen Zeitpunkten) und die Spitzenlast (kurzzeitig auftretende hohe Last). Im industriellen Umfeld sind für Großverbraucher Sondertarifmodelle üblich, die neben dem Grund-, Arbeits- und Blindleistungspreis auch den Leistungspreis berücksichtigen. Dieser ist häufig ein signifikanter Anteil der Kosten für die elektrische Energie und hängt von der höchsten aufgetretenen Spitzenlast eines Abrechnungsintervalls ab.

 

Um Kosten einzusparen, muss das Lastprofil geglättet werden. Dazu werden die Lastspitzen reduziert („peak shaving“), indem

o   Verbraucher (z. B. Produktions- oder Infrastrukturanlagen) abgeschaltet oder

o   Erzeuger (z. B. Notstromgenerator, BHKW) zugeschaltet werden.

 

In beiden aufgeführten Fällen liegt eine Beeinflussung der Fertigungsabläufe und der Infrastruktur vor. Dies kann vermieden werden, indem stattdessen ein Batteriespeicher bei drohenden Lastspitzen entladen und zu Zeiten niedrigerer Lasten geladen wird.

Grundlagen

Abb. 2 Prinzipielle Funktionsweise der Lastspitzenreduktion

Für die Berechnung des sogenannten Leistungspreises wird der maximale, mittlere Leistungsbezug (Mittelungsintervall üblicherweise 15 Minuten) innerhalb des betrachteten Abrechnungszeitraums (z. B. ein Jahr) ermittelt und mit einem vom Energieversorgungsunternehmen vorgegebenen Faktor multipliziert. Beispielsweise führt eine Lastspitze von 800 kW bei einem Leistungspreis von 60 €/kW so zu einem Leistungspreis von jährlich 48.000 Euro.

 

Für die Reduktion der Lastspitzen wird ein Algorithmus benötigt, der die optimalen Batterieleistungen bezüglich der 15-Minuten Mittelwerte fortlaufend berechnet und so unnötige Entladungen des Speichers verhindert.

 

Die grundsätzliche Funktionsweise ist auf der Abbildung dargestellt: Bei Überschreitung des vorgegebenen, maximalen 15-min Leistungsbezugs wird der Batteriespeicher entladen, um die Lastspitze zu vermeiden. Unterschreitet der Lastgang die Ladegrenze wieder, kann das Batteriesystem erneut geladen werden.

Simulation von elektrischen Energiespeichern

Abb. 3 Auslegungsergebnis eines Batteriesystems zur Lastspitzenreduktion für das Fraunhofer IISB.

Abb. 4 Simulationsergebnis für den erwarteten geglätteten Lastgang bei der Verwendung eines Batteriesystems mit einer Kapazität von 60 kWh.

Die in MATLAB bzw. Octave realisierte Simulation wird verwendet, um

o   Algorithmen zu entwickeln und zu testen,

o   Batteriesysteme auszulegen und

o   geglättete Leistungsverläufe zu prognostizieren.

 

Als Eingangsdaten sind gemessene oder prognostizierte Lastverläufe (z. B. Minutenwerte) notwendig. Für die hier gezeigten Simulationen wurden Leistungsverläufe aus dem Energiemonitoring-System des Fraunhofer IISB verwendet. Das Batteriesystem wird durch ein hierfür entwickeltes verlustbehaftetes Bilanzmodell abgebildet.

 

Abbildung 3 zeigt ein Auslegungsergebnis für die Daten des Institutsgebäudes des IISB. Dabei wird die erreichbare Reduktion der Lastspitze abhängig von der Batteriekapazität aufgetragen. Für eine Kapazität von 60 kWh ergibt sich entsprechend eine maximale Reduktion von 10 % der auftretenden Lastspitzen.

Der erwartete geglättete Lastverlaufs für ein Batteriesystem mit einer Kapazität von 60 kWh und einer maximalen Entladeleistung von 100 kW ist auf Abbildung 4 dargestellt. Es ist erkennbar, dass die zulässige Leistung zu keinem Zeitpunkt überschritten wird. Bei der Beladung des Batteriesystems nähert sich der resultierende Lastgang an die Ladegrenze an, auch diese wird nicht überschritten.

Demonstration der Lastreduzierung

Abb. 5 Schematische Darstellung des Demonstrators zur Lastspitzenreduktion am IISB.

Die Validierung der entwickelten Algorithmen erfolgt mit Hilfe eines am IISB aufgebauten Demonstrators. Das zentrale Element ist ein Batteriesystem, welches aus drei Batterieschränken besteht und eine Gesamtkapazität von 60 kWh bei einer maximalen Leistung von 100 kW besitzt. Die Batteriespeicher sind Bestandteil eines DC-Netzes, welches über bidirektionale AC-DC-Wandler mit dem AC-Netz des Instituts verbunden ist.

 

Die momentan erforderliche Batterieleistung wird von einer mit LabVIEW realisierten Steuerung berechnet und von der Batterie angefordert. In der Steuerung sind unter anderem auch die entsprechenden Kommunikationsfunktionen und Messwertaufzeichnungen enthalten.

Ergebnisse der Demonstratoranlage

Abb. 6 Verlauf der Ergebnisse

Für einen zufällig gewählten Testzeitraum wird die maximal zulässige Leistung des Instituts auf 570 kW festgelegt, die Ladegrenze soll dabei 530 kW betragen. Der Versuch wird mit einem leeren Batteriesystem gestartet. Da der Lastgang zu Beginn unterhalb der Ladegrenze liegt, werden zuerst die Batterie aufgeladen. Ab 10:45 Uhr ist eine Reduktion der Lastspitze um 56 kW  erkennbar (das entspricht etwa neun Prozent).

Anwendung: Atypische Netznutzung

Abb. 7 Lastgang bei Atypischer Netznutzung

Ein Sonderfall der Lastspitzenreduktion ist die atypische Netznutzung. Dabei werden vom Energieversorgungsunternehmen Hochlastzeiträume (HLZ) vorgegeben, in welchen die Bezugsleistung einen vorgegebenen Wert nicht überschreiten darf. Diese Bezugsgrenze ist abhängig von der Netzebene, aus der die elektrische Leistung bezogen wird (zum Beispiel Mittelspannungsebene), und wird über die sogenannte Erheblichkeitsschwelle definiert. In den Niederlastzeiträumen (NLZ) müssen dagegen keine besonderen Maßnahmen getroffen werden.

 

Die bisher verwendeten Algorithmen bleiben dabei unverändert. Allerdings ist die maximal zulässige 15-min Leistung nicht mehr konstant, sondern abhängig davon, ob gerade ein HLZ oder NLZ vorliegt.

 

Das Einsparpotential ist im Gegensatz zur oben beschriebenen Lastspitzenreduktion um einiges höher, da für die Berechnung des Leistungspreises nur noch die Lastspitzen innerhalb der HLZ relevant sind:

o   allgemeines Entgelt = Leistungspreis x Jahreshöchstleistung + Arbeitspreis x Jahresarbeit

o   individuelles Entgelt = Leistungspreis x Höchstlast in HLZ-Fenster + Arbeitspreis x Jahresarbeit

 

Ein Simulationsergebnis ist auf der Abbildung zu sehen. Es ist erkennbar, dass in dem dargestellten Zeitraum zwei HLZ enthalten sind. In der Simulation wurde ein Batteriesystem mit einer Kapazität von 180 kWh und einer maximalen Leistung von 200 kW angenommen. Beispielhaft wird der Lastgang hier auch innerhalb der NLZ begrenzt, was für die atypische Netznutzung nicht unbedingt notwendig wäre.